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Die Zukunft der Windkraft in Nord- und Mittelschwaben steht auf dem Spiel

9.15.2025

Augsburg & Schwaben
Pressemitteilung

Die Zukunft der Windkraft in Nord- und Mittelschwaben steht auf dem Spiel – Regionaler Planungsverband darf sich nicht aufs Glatteis führen lassen

Der Regionale Planungsverband ist verpflichtet bis 31. Dezember 2027 1,1 % der Fläche des Planungsgebietes für Windenergienutzung auszuweisen. Bei der Sitzung am kommenden Mittwoch, den 17.9. soll dieses Ziel als formell erreicht erklärt werden. Die vorliegenden höchst arbeitsaufwändigen Nachberechnungen des Planungsbeauftragten berücksichtigen leider in keiner Weise, die bekannten Einschränkungen bezüglich Mindestflughöhen rund um den NATO-Flugplatz und die Flugsicherung. Damit kann der Flächenbeitragswert von 1,1% auf Basis des Bestands an kommunalen Flächenausweisungen allenfalls auf dem Papier, aber nicht konkret erreicht werden. Auch der Notbehelf, Rotor-Out* als Standard festzusetzen wird nicht zum Ziel führen.

Christine Kamm, Stadträtin und Mitglied im Planungsausschuss: „Sollte dieser Beschluss so getroffen werden, kommt das einer kompletten Arbeitsverweigerung des Planungsverbands gleich. Statt in einem geordneten Verfahren für Windenergienutzung geeignete Flächen nach bayernweiten standardisierten Kriterien in einem maßvollen, aber vertretbaren Ausmaß bereitzustellen, will er die Arbeit einstellen und durch eine fehlerhafte Feststellung der Erreichung des 1,1% – Ziels weitere Planungen von Windenergieprojekten verhindern. Die Folgen für Gemeinden, die gerade Windkraftprojekte entwickeln wollen, sind fatal.“
 
Stephanie Schuhknecht, MdL und Wirtschaftsausschussvorsitzende: „Die vorgeschlagene Beschlussfassung wäre katastrophal für die Energiewende in Bayern. Bayern hat bereits jetzt viel Sonnenenergie. Sonnenenergie steht aber in der dunkleren Jahreshälfte nur unzureichend zur Verfügung. Unsere Stromversorgung muss auf zwei Beinen stehen, auf Sonne und Wind. Windenergie kann auch in unserer Region mit ca. 8 Cent pro kWh günstig Strom erzeugen und ist ebenso wie neue Photovoltaikanlagen eine außerordentlich wirtschaftliche Energiequelle, weit wirtschaftlicher als die klimaschädlichen Alternativen von Öl und Gas. Wer jetzt den regionalen Windenergieausbau stoppt oder ausbremst, gefährdet unseren Wirtschaftsstandort. Die dadurch verursachten erhöhten Netzkosten werden zunehmend die bayerischen Stromkunden belasten.“
Christine Kamm: „Die vorgeschlagene Beschlussfassung negiert den bisherigen Auftrag, den sich der Planungsverband gegeben hat. Noch am 7.12.2022 hatte der Regionale Planungsverband einstimmig beschlossen, sogar 1,8% der Regionalfläche schnellstmöglich und spätestens bis Ende 2027 für Windenergie auszuweisen. Gemeinsames Ziel war es, in einem geordneten transparenten Verfahren ausreichend geeignete Flächen für Windenergie auszuweisen, und dabei auch Gemeinwohlbelange und Umweltbelange berücksichtigen. Hierzu wurde ein umfangreicher Kriterienkatalog in Abstimmung mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium festgeschrieben.  Diesen Kriterien genügen die aufaddierten Flächen nicht, denn zum großen Teil sind in der Aufsummierung Flächen enthalten, auf denen aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen keine Windkraft genehmigt oder wirtschaftlich betrieben werden kann. Flächen, auf denen wegen dem Nato-Flugplatz oder der Flugsicherung oder anderen jetzt schon absehbaren Hindernissen keine Windenergie genutzt werden kann, dürfen seriöserweise nicht in den Flächenbeitragswert hineingerechnet werden und bei der Fortschreibung berücksichtigt werden.“
Stephanie Schuhknecht, MdL: „Für den Regionalverband kann es auch rechtlich problematisch sein, wenn er sich, wie hier vorgeschlagen, auf kommunal ausgewiesene Windenergieflächen stützt, denn sobald eine dieser Flächen wieder aufgehoben wird – und eine Gemeinde kann jederzeit und ohne triftigen Grund einen FNP wieder aufheben. Dadurch könnte der Regionalverband gegebenenfalls seinen Flächenbeitragswert nicht mehr selbst gewährleisten, wenn der Beitragswert unter 1,1% sinkt. Damit wäre dann im ganzen Gebiet dem „Wildwuchs“ Tür und Tor geöffnet. Diesem Problem kann ein Planungsverband nur dann vorbeugen, wenn er selbst im geforderten Umfang Windenergieflächen im Rahmen eines Teilregionalplans ausweist.“
Zudem ist der Beschluss in vielerlei Hinsicht rechtlich angreifbar.
Begriffserläuterung Rotor-Out aus der Beschlussvorlage des Planungsausschusses*: Bei der Flächenausweisung für die Windenergie an Land ist zu unterscheiden, ob auf den Flächen nur die Türme der Windenergieanlagen unterzubringen sind und der Rotor über die Flächen hinausragen darf (Rotor-out) oder ob auch die Rotoren vollständig innerhalb der ausgewiesenen Fläche Platz finden müssen (Rotor-in). Empirische Befunde zeigen, dass eine Rotor-in-Planung die Verfügbarkeit einer Flächenkulisse, abhängig (u.a.) von Flächengröße und –zuschnitt, um bis zu 40 % einschränken kann. Dabei wirkt sich die Umrechnung von Rotor-in zu Rotor-out bei kleinen Flächen deutlich stärker auf die verbleibende Fläche aus als bei großen Flächen (s. Auswirkungen einer Rotor-in-Planung auf die Verfügbarkeit von Windflächen, EVU-Plan des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, 2022). Bei der Anrechnung von ausgewiesenen Flächen auf die Flächenziele muss also immer zwischen Flächen mit Rotor-in-Planung und solchen mit Rotor-out-Planung unterschieden werden.