Justiz in der Kritik: Der Skandal um die JVA Gablingen
2.10.2025
Im Oktober 2024 gingen die ersten Berichte über die erschütternden Haftbedingungen in die JVA Gablingen durch die Medien. Die Situation war ungeheuerlich: Häftlinge berichten von Schlägen, Prügeln und wochenlanger Unterbringung in menschenunwürdigen „besonders gesicherten Haftzellen“ – meistens ohne ausreichende rechtliche Grundlage. Diese Spezialzellen sind nur für Notfälle wie Suizidgefahr oder die Gefährdung anderer Insassen gedacht und stellen einen erheblichen Grundrechtseingriff dar. Zudem steht die JVA unter Verdacht, bei Kontrollbesuchen Missstände vertuscht und die nationale Folterpräventionsstelle bewusst getäuscht zu haben.
Diese Vorwürfe haben mich auch nach der Berichterstattung noch lange beschäftigt, da ich in der letzten Legislaturperiode Mitglied im Anstaltsbeirat der JVA Gablingen war. Dieser Beirat hat das Ziel die Haftbedingungen zu verbessern und gilt als Ansprechpartner sowohl für Bedienstete als auch für Häftlinge. Hier hatte ich immer wieder Kontakt zu beiden Seiten und habe in regelmäßigen Abständen die JVA besucht. In dieser Zeit gab es immer wieder Beschwerden, jedoch ging es dabei meistens um Aufschlusszeiten, Verpflegungen oder sonstige Themen rund um die Unterbringung. Beschwerden, die Gewalt an Häftlingen vermuten ließen, drangen nie zu mir durch. Heute vermute ich, dass wir durch das Anstaltspersonal bewusst getäuscht wurden.
Das zeigt, wie wichtig Konsequenzen und eine schnelle Aufarbeitung sind.
Welche Konsequenzen sollten wir daraus ziehen?
Die Suspendierung des in die Vorfälle verwickelten Personals sowie der Anstaltsleitung und die geplante Einführung präziserer Regelungen für besondere Sicherungsmaßnahmen sind erst einmal ein richtiges Zeichen. Gleichzeitig gilt es aber auch nachhaltigere Maßnahmen einzuführen, damit derartige Missstände nie wieder auftreten. Unter der Initiative unseres rechtspolitischen Sprechers Toni Schuberl haben wir als die Grüne Fraktion Bayern drei Anträge im Landtag eingebracht, die den Schutz der Grundrechte im Justizvollzug nachhaltig verbessern sollen:
- Die Überprüfung von Sicherungs-, Zwangs- und Disziplinarmaßnahmen im Justizvollzug: Alle Maßnahmen, die massiv in die Freiheits- und Grundrechte von Häftlingen eingreifen, sollen systematisch auf ihre Vereinbarkeit mit der Menschenwürde geprüft werden.
- Die Einführung eines Richtervorbehaltes für bestimmte Einzelhaftformen: Eine Entscheidung über die Unterbringung von Gefangenen in speziellen Einzelhaftformen sollte nicht allein von der Gefängnisleitung oder anderen Justizvollzugsbeamten getroffen werden, sondern von einem unabhängigen Richter überprüft und genehmigt werden
- Lückenlose Dokumentation von Grundrechtseingriffen: Grundrechtseingriffe wie die Unterbringung in besonders gesicherten Räumen müssen umfassend dokumentiert und diese Berichterstattung gesetzlich verankert werden
Bei den Häftlingen in der JVA Gablingen handelt es sich um Insassen, die wegen aller möglichen Strafdelikte einsitzen, darunter auch Vergewaltiger und Mörder. Und trotzdem: Gerade, weil wir ein Rechtsstaat sind, müssen wir menschenwürdige Haftbedingungen für alle garantieren, unabhängig von ihren Taten. Tun wir das nicht, bröckelt eine zentrale Säule unserer liberalen Demokratie: eine funktionierende und gerechte Justiz.
Foto: Tobias „ToMar“ Maier / Lizenz: CC BY-SA 3.0