Psychische Erkrankungen zählen inzwischen zu den häufigsten Krankheiten: Jede*r Dritte hierzulande ist einmal im Leben von einer psychischen Erkrankung betroffen, viele davon bereits im Kindes- und Jugendalter und in vielen Fällen mit einschneidenden, zeitlich unabsehbaren Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen und deren Umfeld. Wie geht man damit um? Was können wir tun, um zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beizutragen und die Lebensqualität der Betroffenen und deren Umfeld zu verbessern? Welche aktuellen Herausforderungen beeinflussen unsere psychische Gesundheit? Und wie schaffen wir es, die Balance zwischen physischer und psychischer Gesundheit sicherzustellen?
Um diese und weitere Fragen ging es bei einem offenen Gesprächs mit Dominique de Marné von der mental Health Crowd bei der Veranstaltung von Stephanie Schuhknecht und der Sprecherin für Sozialpolitik und Psychische Gesundheit, Kerstin Celina, am 27. April. Im Vordergrund stand der Austausch mit den Gästen: *ber psychische Gesundheit reden, zuhören und aufklären waren die Prämissen des Abends. Um mit allen ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen, war das Fish Bowl-Format gewählt worden.
Psychische Gesundheitskompetenz an den Schulen aufbauen!
Eines der Themen des Abends war die Förderung der Gesundheitskompetenz an Schulen: 50% aller psychischen Erkrankungen haben ihren Ursprung vor dem 14. Lebensjahr. Doch entweder werden sie nicht erkannt oder die jungen Menschen bleiben auf sich alleine gestellt. Deshalb ist es wichtig, in die Schulen selbst zu gehen, aufzuklären und Bewusstheit sowie psychische Gesundheitskompetenz aufzubauen. Es geht darum, Berührungsängste mit psychischer Erkrankung abzubauen, zu sensibilisieren, zu entstigmatisieren, und die Schüler*innen schließlich zu ermutigen, Ängste oder Anzeichen für Depressionen und andere psychische Erkrankungen zu erkennen und zu thematisieren.
Das Bayerische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsychKHG): Stigmatisierung statt Entstigmatisierung
Ein besonderes Problem ist die Stigmatisierung – und auch Kriminalisierung – von anderen psychischen Erkrankungen wie z.B. Formen der Schizophrenie. Mehr Menschen leiden unter Schizophrenie als an Diabetes. Und dennoch wird Schizophrenie in den Medien in erster Linie mit Gewaltverbrechen in Zusammenhang gebracht, was zu Vorurteilen, Verunsicherung und Ängsten in der Bevölkerung führt.
Dies zeigte sich auch an der Entwicklung des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes: Während der ursprüngliche Entwurf des Gesundheitsministeriums tatsächlich Reformen im Sinne psychisch erkrankter Menschen vorsah, wurde der Gesetzentwurf nach einem Attentat vom Innenministerium vereinnahmt – und damit auf ein rigides Unterbringungsgesetz im Sinne von Gefahrenabwehr reduziert. Statt – wie angekündigt – zur Entstigmatisierung beizutragen, verstärkt es die Stigmatisierung von Menschen mit psychischer Erkrankung. Zwar wurde auf den massiven Protest von Ärzt*innen, Psycholog*innen und Selbsthilfeorganisationen hin nachgebessert, aber von einem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz kann nicht die Rede sein.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Fokussierung auf Mental Health zeigt neue Perspektiven im Umgang mit psychischer Erkrankung auf – für Betroffene, für Angehörige und für Bekannte. Das werden wir GRÜNE im Bayerischen Landtag weiterverfolgen.
(Foto: Mercan Fröhlich)